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Von Grindhouse bis Arthouse...
Besprechungen übersehener, unterbewerteter oder obskurer Werke der Filmgeschichte!

Freitag, 6. Juli 2012

Menschenfresser in Betonschluchten

Asphalt-Kannibalen (Apocalypse domani)
I/E 1980
R.: Antonio Margheriti


Worum geht's?: Der Ex-Soldat Norman Hopper (John Saxon) hat zusammen mit zwei seiner früheren Kameraden nicht nur böse Erinnerungen, sondern auch einen seltenen Virus aus Vietnam mitgebracht.
Während seine ihm damals untergebenen Armeegenossen in der Psychiatrie gelandet sind, hat sich Hopper mit seiner Frau Jane (Elizabeth Turner) in einem typischen, amerikanischen Suburb niedergelassen.
Dort plagen ihn böse Albträume des Nachts und Fleischeslust des Tags, wobei man den Begriff so und so auslegen kann.
Nicht nur das frische, bluttriefende Fleisch im Kühlschrank zieht ihn an, nein, er geht auch mit der äußerst jungen Nichte der Nachbarin fremd!
Als einer seiner Kameraden aus der Klinik entlassen wird und in der Innenstadt prompt ein Blutbad anrichtet, sind die stillen Tage in der Vorstadt gezählt.
Bald befindet sich Hopper in den Abwasserkanälen auf der Flucht vor der Polizei und der Virus kann sich immer weiter ausbreiten...


Wie fand ich's?: Anders als der deutsche Titel uns glauben machen will, handelt es sich bei Apocalypse domani (der italienische Originaltitel erinnert eher an ein Endzeitszenario - was auch nicht wirklich zutrifft...) eher um einen von George A. Romeros Schaffen beeindruckten Zombiefilm und nicht um einen klassischen Kannibalenstreifen wie z. B. Umberto Lenzis Il Paese de sesso Selvaggio (I 1972 dt.: Mondo Cannibale).
Was den Film neben seiner virusinfizierten, nach Menschenfleisch hungernden Protagonisten in die Tradition von Streifen wie Dawn Of The Dead (USA 1978 dt.: Zombie) stellt, sind die gesellschaftskritischen Untertöne, ebenso wie die Konnotation, dass jeder Krieg den Menschen wie einen innewohnenden, schwelenden Virus verzehrt.
Dass Hauptdarsteller John Saxon den Film trotzdem hasste ist somit schwer nachzuvollziehen, dass der Film allerdings auf der berüchtigten Liste der britischen Video nasties  landete und in Groß-Britannien bis heute nicht ungeschnitten veröffentlicht wurde, ist aufgrund seines zeitgemäßen Gehalts an Blut und Gekröse weniger verwunderlich; aus heutiger Sicht ist der Film gegenüber anderen Veröffentlichungen, wie z. B. Lucio Fulcis ein Jahr nach Apocalypse domani erschienen, deftigen ...E tu vivrai nel terrore! L'aldilà (I 1981 dt.: Die Geisterstadt der Zombies), aber eher als etwas zahmer zu erachten.
Dabei stammen die Drehbücher zu beiden Werken vom gleichen Autor: Dardano Sacchetti. Dieser hat zu praktisch fast jedem zweiten berüchtigten Italo-Klassiker das Buch geschrieben, darunter Scripts für Maestros wie Dario Argento, Lucio Fulci, Sergio Martino sowie für Mario Bava und dessen Sohn Lamberto (so auch für dieses "Meisterwerk" von Bava, jr: http://dieseltsamefilme.blogspot.de/2012/07/sohnchen-wildert-im-action-dschungel.html).
Die ungewöhnlich jazzig ausgefallene, das Geschehen oftmals fast absurd kontrapunktierende Musik geht auf das Konto eines fast unbekannten Komponisten namens Alexander Blonksteiner, der scheinbar einfach in einigen angesagten, verrauchten Jazzklubs mehrere Platten entwendete, um diese dann bei Margheriti gegen Honorar abzuliefern - dies ist natürlich nur rein hypothetisch... Sein einziger anderer Beitrag als Komponist ist die Musik zu einem amerikanischen Sexploitationstreifen von 1975 mit dem schönen Titel The Erotic Adventures of Robinson Crusoe (R.: Ken Dixon dt.: Die Sex-Abenteuer des Robinson Crusoe), der es damit soeben auf die Must-See-Liste des Rezensenten geschafft hat - aus purem Masochismus.


Fazit: Wer die Klassiker eines George A. Romero mag oder neben seiner Pasta gerne mal ein blutiges Steak liegen hat, kann hier wenig falsch machen und einen im Genre etwas übergangenen Eintrag für sich entdecken.

Punktewertung: 7,5 von 10 Punkten