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Von Grindhouse bis Arthouse...
Besprechungen übersehener, unterbewerteter oder obskurer Werke der Filmgeschichte!

Samstag, 2. März 2013

Ein Bett im Mohnfeld

Mohn ist auch eine Blume (The Poppy Is Also a Flower)
F/AU/USA 1966
R.: Terence Young


Worum geht's?: Die Mohnfelder blühen im iranisch-afghanischen Grenzgebiet und die UN hält es für an der Zeit, den weltweiten Handel mit Rohopium endlich zu unterbinden.
Man entsendet seinen besten Mann, Specialagent Benson (Stephen Boyd), der prompt tot aus einem Hafenbecken gefischt wird.
Nun sollen die beiden alten Hasen Lincoln (Trevor Howard) und Jones (E.G. Marshall) die Situation in den Griff bekommen und Ruhe schaffen.
Der Plan ist, die nächste Warenladung Opium an ihrer Quelle mit einer radioaktiven Substanz zu versehen, sodass man die Lieferung vom Herkunftsort in der iranischen Wüste leicht zum Endabnehmer weiterverfolgen kann.
Mithilfe der örtlichen Behörden (und Stars wie Yul Brynner und Omar Sharif), gelingt es die Droge zu markieren, doch verschwindet der Stoff spurlos, trotz aller Bemühungen den Transport nahtlos zu überwachen.

Heiße Spuren führen die beiden Ermittler nach Neapel, wo sie u. a. auf Inspektor Mosca (Marcello Mastroianni) treffen, von dort weiter ins dekadente Monte Carlo und zuletzt in einen Nachtzug auf den Weg nach Paris.
Immer wieder treffen die beiden auf eine Frau (Angie Dickinson), welche sich als Witwe des toten UN-Ermittlers Benson ausgibt und den beiden ständig einen Schritt voraus zu sein scheint.
Letztendlich gerät man an den ebenso mondän wie zwielichtig auftretenden Serge Marko (Gilbert Roland), bei dem alle Fäden zusammenlaufen.
Doch wächst nicht jeder, einer Hydra abgeschlagene, Kopf, einfach wieder nach?

Wie fand ich's?: Als einer von 6 geplanten TV-Werbefilmen für die UNO, finanziert mit Geldern des Großkonzerns Xerox und vor und hinter der Kamera besetzt mit einem Aufsehn erregenden Personal, ist dies wohl einer der legendärsten Rohrkrepierer der (TV-)Filmgeschichte (nun ja, eigentlich nix im Vergleich zu Heaven's Gate [USA 1980 R.: Michael Cimino dt.: Das Tor zum Himmel] - aber was soll's?)
Die Idee fürs Drehbuch stammte von Mr. Ian Fleming persönlich, der diese in den letzten Monaten seines Lebens (*1908; 1964) zu Papier brachte.
Regie sollte folgerichtig Terence Young führen, der zuvor bei Dreien der vier ersten Bondfilmen den Job innehatte und mit Fleming somit bereits mehrfach in Kontakt stand.
Young war klar, dass man einen teuren, Prestige bringenden Propagandafilm von ihm erwartete, und kündigte direkt eine ganze Reihe von internationalen Stars an, in seinem nächsten Werk eine Rolle zu übernehmen, darunter Claudia Cardinale, Kim Novak, Romy Schneider, Sidney Poitier, Richard Widmark und sogar Mr. Bond persönlich, Sean Connery.
Die Einleitung der TV-Fassung sprach dann auch direkt die Fürstin von Monaco, Gracia Patricia (Filmfans noch besser bekannt als Grace Kelly), höchstselbst; leider ist diese in der Kinofassung nicht mehr enthalten; dafür erweiterte man die etwa 80-minütige Fernsehfassung für die Lichtspielhäuser um zehn weitere Minuten.
Wann Connery und die anderen Stars von Youngs Projekt absprangen ist heute unklar, Fakt ist jedoch das der Film immer noch ein gewaltiges Aufgebot an zugkräftigen Namen liefert: Senta Berger, Omar Sharif, Yul Brynner, Marcello Mastroiani und Rita Hayworth.

War ursprünglich vorgesehen, dass jeder Akteur seine Rolle für den symbolischen Betrag von 100 $ spielen sollte, so wurde Young schnell klar, dass er bereits vor Drehbeginn sein Budget überzogen hatte - schließlich spielte das gesamte Ensemble für eine jeweilige Kopfpauschale von einem läppischen US-Dollar.
Wer allerdings auf die etwas dumme Idee gekommen ist, die beiden Hauptrollen mit den gestandenen Herren Howard und Marshall zu besetzen, entzieht sich meiner Kenntnis, kann man hier doch praktisch von einer doppelten Fehlbesetzung sprechen.
Zwei ältere, bereits graue Herren, die ihre Aufgabenverteilung durch Schnick, Schnack, Schnuck Spiele regeln, sind wohl nicht unbedingt das, was man sich in der Öffentlichkeit als UN-Drogenfahnder vorstellt.
Überhaupt, kommt die Story nach einem vielversprechenden Auftakt (Yul Brynner trifft auf Eli Wallach) genau dann ins Straucheln, wenn sich der Fokus auf die beiden putzigen, in die Jahre gekommenen Gentlemen verlagert.
Apropos Story, diese wartet zwar nach zwei Dritteln der Laufzeit doch noch mit einer gelungenen Überraschung auf, doch besonders spannend ist das Ganze eigentlich doch nicht. So setzt man z. B. lieber auf die Schauwerte eines La Bamba performenden Trini López, als auf eine, zu diesem Zeitpunkt weit mehr ersehnte, Actionszene.
So kam es, wie es kommen musste - das groß angelegte Magnum Opus des Terence Young geriet zu einer kleinen Enttäuschung. Jedoch kann man hier nicht von einer totalen Katastrophe sprechen, dafür ist Young zu diesem Zeitpunkt handwerklich in diesem Genre schon viel zu versiert gewesen; aber wird sich das Publikum dieses Films immer mehr an dem unglaublichen Staraufgebot, als an der zu Weilen etwas seichten Handlung ergötzen...

Fazit: Ein Bondfilm ohne Bond, stattdessen ein (gescheiterter) Propagandafilm für die gute Sache.

Punktewertung: 6,5 von 10 Punkten