Egal ob Exploitation, Gialli, Horror oder Sci-Fi...
Von Grindhouse bis Arthouse...
Besprechungen übersehener, unterbewerteter oder obskurer Werke der Filmgeschichte!

Sonntag, 9. Juni 2013

Um Gottes Willen...

God Told Me To
USA 1976
R.: Larry Cohen

 
Worum geht's?: New York. Die Metropole wird von einer Reihe von bizarren Morden und Attentaten heimgesucht, denn jeder der sonst bisher unauffälligen Täter murmelt vor dem eigenen Ableben oder seiner Festname die Worte "Gott hat es mir befohlen".
Peter J. Nicholas (Tony Lo Bianco), ist selbst ein so gottesfürchtiger Cop, dass er sich aufgrund seiner Religion trotz einer neuen Lebensgefährtin (Deborah Raffin) nicht von seiner schon lange von ihm getrennt lebenden Frau (Sandy Dennis) scheiden lassen kann.
Aber er ist immerhin als Einziger smart genug, auf die Spur eines charismatischen, blonden Hippies namens Bernard Phillips (Richard Lynch) zu stoßen, der offensichtlich mit allen Tätern vor den Verbrechen in Kontakt stand.
Als Peter immer tiefer in Phillips Umfeld herumgräbt, stößt er auf die sonderbare Geschichte einer Jungfrauengeburt und einen Zirkel distinguierter Herren, die sich für die bereitwilligen Apostel des neuen Messias halten.
Doch das Evangelium dieses Heilands beinhaltet nur noch mehr Mord und Verwüstung und für den guten Cop eine ganz persönliche Offenbarung, die ihn an den Rand seines eigenen Verstands bringt.



Wie fand ich's?: Dies ist mal wieder einer dieser Filme, der umso besser auf den Zuschauer wirkt, je weniger er im Voraus über dessen Handlung weiß. Deshalb fällt dieses Mal die obige Synopsis auch etwas kürzer als gewöhnlich aus.
Larry Cohens God Told Me To ist ein wilder Mix aus Cop-Thriller, Sci-fi und Horrorfilm, der seine Zuschauer immer wieder kalt erwischen will und der zusätzlich noch eine große Kelle an Sozialkritik und Warnung vor falschen Göttern mit in den Topf wirft, die sich in so ähnlicher Form auch in seinem späteren Film Q (USA 1982 dt.: American Monster) finden lässt. Dort lässt Cohen, der als ursprünglicher Drehbuchautor seine Scripts bis heute stets selbst verfasst, eine riesige Flugechse auf New York los, die man (vielleicht fälschlicherweise) für die mittelamerikanische Gottheit Quetzalcoatl hält.
In God Told Me To trifft Tony Lo Brianco auf den im letzten Jahr verstorbenen Richard Lynch, einem der unbesungenen Heroen des Exploitationgenres und blonder, bauäugiger Bösewicht par excellence.
Der eher durch seine zahlreichen Fernsehrollen bekannte Lo Brianco manövriert seine Figur sicher durch die mithin arg überkonstruierte Story, welche alle paar Minuten mit einer neuen Überraschung aufwartet, dabei das Publikum aber konstant auf dem äußersten Rand ihrer Sitze genagelt hält.
Inhaltlich muss sich der geneigte Zuschauer am Ende zwar so Einiges selbst zusammenreimen, aber Cohen inszeniert seine groteske Räuberpistole so zügig, dass eh kaum Zeit zum Luftholen und Reflektieren bleibt.
Besonders hervorzuheben ist desweiteren die Actionszene während der St. Patrick's Day Parade, bei der Cohen geschickt Aufnahmen der tatsächlichen Parade (für die Cohen allerdings offiziell gar keine Drehgenehmigung besaß) mit im Studio entstandenen Bildern zu einem verblüffenden Ganzen montiert.
Heimlicher Star der Szene ist der viel zu früh verstorbene Anarchokomiker Andy Kaufman (*1949; 1984), den man hier in seiner ersten Filmrolle auf der großen Leinwand bewundern kann.
Der Score sollte ursprünglich von Bernard Hermann kommen, dem Larry Cohen diesen Film in den Credits widmete und der bereits 1974 die Musik für Cohens Kultstreifen It's Alive (USA 1974 dt.: Die Wiege des Bösen) geschrieben hatte. Doch das Genie, welches unvergessliche Sounds für Orson Welles, Truffaut und natürlich Hitchcock geschaffen hatte, verstarb leider kurz nach der Fertigstellung der Musik zu Scorseses Taxi Driver (USA 1976) im Schlaf, noch bevor es mit der Arbeit an God Told Me To beginnen konnte, sodass man auf den weit weniger bekannten Frank Cordell zurückgriff, der sich nach diesem Film aufs Altenteil und in die Behaglichkeit einer britischen Schaffarm zurückzog.
Nach dem (nicht nur) an den Kinokassen gescheiterten Versuch mit dem Starvehikel Original Gangstas (USA 1996) das mausetote Genre des Blaxploitationfilms wiederzubeleben, zog sich auch Larry Cohen praktisch ganz aus dem Regiebusiness zurück und ließ sich nur für die gelungene Episode Pick Me Up (USA 2006) der ansonsten qualitativ sehr unterschiedlichen ersten Staffel jener von Regiekollege Mick Garris initiierten Master Of Horror Serie noch einmal überreden auf dem Regiestuhl Platz zu nehmen.
Im letzten Jahrzehnt setzte Cohen zudem in seinen Drehbüchern vermehrt auf das Thema (Mobil-)kommunikation, was leider nach dem internationalen Erfolg von Phone Booth (USA 2002 R.: Joel Schuhmacher dt.: Nicht auflegen!) in einer Reihe von Flops (z. B. Cellular [USA 2004 R.: David R. Ellis dt.: Final Call] oder Messages Deleted [USA 2009 R.: Rob Cowan]) kulminierte, woraufhin es in letzter Zeit auch ruhig um den Drehbuchautor Larry Cohen wurde.



Fazit: Wie eine prallgefüllte, bunte Wundertüte des Genrefilms, aus der Cohen alle zehn Minuten lustig etwas Neues hervorzaubert. Unglaublich abgefahren, aber zugleich auch ungemein fesselnd.

Punktewertung: 8 von 10 Punkten