Egal ob Exploitation, Gialli, Horror oder Sci-Fi...
Von Grindhouse bis Arthouse...
Besprechungen übersehener, unterbewerteter oder obskurer Werke der Filmgeschichte!

Sonntag, 9. November 2014

Geräusche vom Dachboden

Anima Persa
I/F 1977
R.: Dino Risi


Worum geht's?: Zum Studium der Malerei kommt der achtzehnjährige Tino (Danilo Mattei) zu seiner Tante und seinem Onkel ins ergreifende Venedig.
Während seine Tante Sofia (Catherine Deneuve) eine herzliche aber nervöse und stets blässlich wirkende Frau ihn warmherzig empfängt, ist sein Onkel (Vittorio Gassman) ein herrischer, abweisender  Intellektueller, der seinen Haushalt allein durch seine bloße Präsenz unter der Knute hält.
Schon kurz nach seiner Ankunft fallen Tino seltsame Geräusche vom Dachboden auf, zu dem eine Treppenflucht hinter einer ihm zuvor von der Tante verbotenen Tür führt.
Entschlossen sucht der junge Student nach dem Ursprung der sonderbaren Laute und stößt dabei nach und nach auf ein tragisches Familiengeheimnis, welches besser für immer im Dunkel des Dachbodens geblieben wäre...


Wie fand ich's?: Ist Regisseur Dino Risi (*1916; †2008) eher als Großmeister der Comedia all'italiana und für Filme wie Profumo di donna (I 1974 dt.: Der Duft der Frauen) bekannt, so schuf er mit Anima Persa 1977 einen leider etwas vergessenen Psychothriller, der teilweise das Genre des Giallo streift, und schon aufgrund seines Casts zu begeistern weiß.
Catherine Deneuve und Vittorio Gassman sind (bzw. waren) absolute Größen ihrer Zunft und brillieren auch hier mit außergewöhnlicher Handwerkskunst, wobei man sagen muss, dass auch der Rest der Besetzung und besonders der hier debütierende Danilo Mattei grandiose Leistungen zeigen. Mattei, der seit 1998 keinen Film mehr gedreht hat und seit einiger Zeit offenbar als Immobilienmakler tätig ist, fand sich bereits wenig später unter der Leitung Umberto Lenzis in Cannibal ferox (I 1981 dt.: Die Rache der Kannibalen) und La guerra del ferro: Ironmaster (I/F 1983 dt.: Er - Stärker als Feuer und Eisen) wieder und bekam danach nur noch kleinere Nebenrollen angeboten.
Anima Persa beginnt wie ein klassisches Haunted House Movie oder eine weitere Variation von Whales The Old Dark House (USA 1932 dt.: Das Haus des Grauens) mit leichten Anklängen des Giallos, nur um sich dann immer mehr zu einem garstigen Psychodrama zu mausern. Damit hebt sich Risis langsam entwickelnder Film wohlig von der sonst mitunter etwas formelhaft daherkommenden, italienischen Genrekost ab und stellt sich in eine Reihe mit Werken wie z. B. Piero Schivazappas meisterhaften Femina ridens (I 1969 USA: The Laughing Woman) der ebenfalls das Genre um interessante Aspekte bereicherte und erweiterte.
Dazu wartet man noch mit einem finalen Twist auf, den selbst mancher genreerfahrener Zuschauer nicht absehen kann und der doch vollkommen logisch und schlüssig daherkommt - was Anima Persa nur weiter aus dem Gros seiner Mitbewerber heraushebt.
Die literarische Vorlage stammt übrigens von Giovanni Arpino, dessen Bücher auch schon zu solchen Meisterwerken wie dem bereits oben erwähnten Profumo di donna oder Pietro Germis Divorzio all'italiana (I 1961 dt.: Scheidung auf italienisch) adaptiert wurden.


Fazit: Toll gespielt, toll inszeniert - Tollwut auf'm Speicher. Viel toller geht's gar nicht...


Punktewertung: 9,25 von 10 Punkten