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Von Grindhouse bis Arthouse...
Besprechungen übersehener, unterbewerteter oder obskurer Werke der Filmgeschichte!

Samstag, 4. November 2017

Hüpf, Geistlein, hüpf!

Gui da gui bzw. 鬼打鬼 (eng.: Encounters of the Spooky Kind, aka.: Close Encounter of the Spooky Kind)
HK 1980
R.: Sammo Kam-Bo Hung


Worum geht's?: Der abergläubige Rikschafahrer Cheung (Regisseur, Drehbuchautor und Hauptdarsteller in Personalunion: Sammo Hung) erwischt beinah seine untreue Freundin in flagranti bei einem frivolen Stelldichein mit Mr. Tam (Ha Huang), einem hohen Würdenträger der Stadt.
Um den vermeintlichen Skandal schnell aus der Welt zu schaffen, wendet sich Tam mit der Bitte den Mitwisser ein für alle Mal los zu werden, an einen ortsansässigen Zaubermeister namens Chin Hoi (Lung Chan).
Dieser plant das auch als "Kühnen Cheung" bekannte Opfer unter dem Vorwand einer Wette für eine Nacht in einen nahe gelegenen Tempel zu locken und eine sich dort befindliche Leiche kurzerhand zum unter Bann stehenden, mörderischen Verbündeten zu machen.
Als jedoch Chin Hois gerechtigkeitsliebender Kollege Tsui (Fat Chung) davon erfährt, springt dieser Cheung mit Rat und Tat zur Seite und gibt dem naiven Schmerbauch das Know-how an die Hand, es auch mit einem schauderhaften, verwesenden Untoten aufzunehmen.
Doch dies ist erst der Anfang eines unglaublichen Kampfes zwischen zwei Hexenmeistern, in dessen Mitte sich der pummelige Cheung schon bald wünscht, dass der Albtraum bald ein Ende nehme.

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Wie fand ich's?: Sammo Hung ist hierzulande wohl in erster Linie als der "Dicke" an der Seite des drahtigen Jackie Chan aus einer Unzahl von Martial-Arts-Komödien bekannt.
Dabei war Hung (*07.01.1952) bereits in jungen Jahren hinter den Kulissen der Shaw Brothers tätig, zunächst als Statist und Stuntman, später als Kampfchoreograf und Regieassistent.
Nur wenige Jahre später sollte Hung auch an den Sets von solch Genregrößen wie Bruce Lee und John Woo auftauchen und zu einer festen Größe im Hongkong-Kino werden.
Ab 1977 stand Hung selbst als Regisseur in Hong Kong hinter den Kameras, seine zweite Regiearbeit Fei Lung gwo gong (HK 1978) schaffte es unter dem Titel Der kleine Dicke mit dem Superschlag auch nach Deutschland und zeichnete sich bereits durch einen angenehmen Mix aus Komik und Kampfkunst aus.
Beim hier besprochenen Gui da gui (was wörtlich "Geist gegen Geist" übersetzt heißt) sollte zu diesem Mix noch zusätzlich auf chinesische Gruselthemen wie Hexer, Vampire und Dämonen zurückgreifen und durch seinen Erfolg direkt das Jiangshi-Genre begründen.
Wir erinnern uns: Bietet das Wuxia-Genre Martial-Arts im historischen Setting (die Mehrzahl der Shaw Brothers Produktionen) so beschäftigt sich Jangshi mit Schreckelementen - gern, wie in Ricky Laus weiteren stilbildenden Kinoerfolg Geung si sin sang (HK 1985 eng.: Mr. Vampire) von 1985, mit den für den chinesischen Raum üblichen, hüpfenden Vampiren, die es wie ihre westlichen Kollegen natürlich auf die Lebenden abgesehen haben. Doch haben es chinesische Vampire nicht auf Blut abgesehen, wollen sie doch lieber ihren Opfern buchstäblich den Atem rauben und ihnen das Qi, die Lebenskraft, aussaugen. Natürlich muss diese Art von Untoten außerdem hüpfen - verhindert doch die Totenstarre einen geschmeidigen Gang locker aus der Hüfte heraus!
In Encounters of the Spooky Kind trifft Hungs Charakter schon früh auf einen solchen typischen Jiangshi, doch ist genauso bemerkenswert der Umstand, dass die erste Hälfte verblüffende Parallelen zu Viy bzw Вий aufweist.
Wie in den Verfilmungen von Nikolai Gogols klassischer Gruselmär muss der Held mehrere Nächte in einer heiligen Stätte mit einer störrischen Leiche verbringen, die es auch gleich auf sein Leben abgesehen hat.
Zwar enden diese Übereinstimmungen bereits mit dem Beginn der zweiten Hälfte des Films, welche mit zunehmender Laufzeit immer wesentlicher den Schwerpunkt in Richtung furioser Martial Arts verlagert, doch ist dieses Phänomen offenbar bislang kaum zur Sprache gekommen.
Beim Humor schaute man verständlicherweise weniger in die Richtung Russlands als auf die amerikanischen Väter der Klamotte - die Herren Laurel & Hardy und deren Amtsbruder Buster Keaton durften als veritable Vorbilder für gleichsam wohlfeil getimten Slapstick dienen - hier zeigt Sammo Hung einmal mehr, dass Körperfülle nicht gleichbedeutend mit Bewegungsarmut ist.
Immerwieder blitzen auch kleine, blutige Splattereinsprengsel auf, was dem Geschehen noch eine zusätzliche Schärfe verleiht.
Wer zudem eine der unglaublichsten Schlussszenen des Genres sehen möchte, ist hier vollkommen richtig. Ohne auch nur etwas verraten zu wollen: der Schreiber dieser Zeilen bekam einige Sekunden den Mund nicht mehr zu und glaubt nicht, dass ein solches Ende in den heutigen Zeiten von political correctness noch möglich wäre.
Also bedenke: Auch nach Halloween sind die Nächte noch lang und Dunkel, da bietet sich ein Gruseltrip in fernöstliche Gefilde zur Abwechslung und abendlichen Erheiterung gerade zu an!

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Fazit: Ein wahrhaft geist(er)voller Spaß, bei dem einen das eigene verwesende und madendurchzogene Pumporgan im Thorax ganz warm wird.



 
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Punktewertung: 9 von 10 Punkten!